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Innensicht aus dem Valley: „Hier ist viel Druck drinnen…“

Die Menschen, die im Silicon Valley leben und arbeiten, sind nicht zufällig hier, sondern haben sich bewusst dafür entschieden. Sie sind Überzeugungstäter und schätzen vor allem eine spezifische Kultur in der Bay Area, die sich durch Offenheit, Kreativität und eine besonders „lässige“ Art auszeichnet, die uns bereits bei unserem letzten Aufenthalt in 2008, kurz vor der Krise, aufgefallen war.

Doch wir merken bald, dass sich seither etwas geändert zu haben scheint: „Hier sind zwar alle sehr relaxed, aber gleichzeitig ist auch viel Druck drinnen“, bringt eine Managerin, die wir interviewen, unseren Eindruck auf den Punkt. Eine Kultur des „always on“ und ausufernde Arbeitszeiten sind hier ganz normal. Calls mit den Kolleginnen und Kollegen in unterschiedlichen Zeitzonen in Indien, Europa oder auch Israel stehen überall auf der Tagesordnung – selbst in 5-Personen-Start-Ups. Denn die Globalisierung hat seit unserem letzten Besuch enorm an Bedeutung gewonnen.

Ken Wolter / Shutterstock.com

(Ken Wolter / Shutterstock.com)

Wenn wir in den Interviews über Worklife-Balance reden, entsteht oft der Eindruck, dass eine Trennung zwischen Arbeit und Leben kaum besteht. Denn man möchte die Welt verändern: mit einer bahnbrechenden Idee, einer disruptiven Innovation, um bei der nächsten Party mit den Kolleginnen und Kollegen von Google & Co. mithalten und „glänzen“ zu können. Das Resultat sind ausufernde Arbeitszeiten. Es scheint als werde der Arbeitstag lediglich „unterbrochen“ – z.B. um am Nachmittag das Fußballspiel der Tochter zu sehen, bevor es am Abend wieder an die Arbeit geht. Als wir eine junge Kollegin nach den Möglichkeiten fragen, „Überstunden“ wieder abzubauen, gesteht sie, dass sie darüber noch nie nachgedacht hat…

Wir gewinnen zunehmend den Eindruck, dass die Start-Ups einen neuen Benchmark für die Leistungskultur im Silicon Valley setzen, der auch in die etablierten Unternehmen ausstrahlt. Beseelt davon, einerseits die Welt zu verändern, andererseits mit der richtigen Geschäftsidee vielleicht der neue Mark Zuckerberg zu werden, wird insbesondere in der jungen Gründerszene wie verrückt gearbeitet: 80 Stunden in der Woche, so hören wir oft, sind keine Seltenheit. Der Erfolg hat seinen Preis.

Aber man darf sich nichts vormachen: es ist nicht nur der „Fame“ der die Menschen antreibt. Mit Blick auf die hohen Lebenserhaltungskosten im Silicon Valley steht hinter der neuen Leistungskultur ebenfalls ein harter materieller Druck. Wichtig ist zu wissen, dass es für die hier üblichen „at will contracts“ keinen Kündigungsschutz gibt. Unternehmen können ihre Mitarbeiter jederzeit und „ohne Umstände“ entlassen. Was wir somit im Valley ebenfalls beobachten, ist ein „System permanenter Bewährung“ ohne Auffangnetz.

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