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Alexa und die Cloud

#2 der Blogserie zur Konferenz „Herausforderung Cloud und Crowd – Plattformen, Wertschöpfungssysteme und Organisation von Arbeit nachhaltig gestalten“ am 21.3.2017 in München

Beitrag von Andreas Boes, Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V.

„Alexa, bitte erhöhe die Temperatur um zwei Grad!“ „Gerne. Aber ist dir bewusst, dass du das von dir definierte CO2-Kontingent für diesen Monat schon fast aufgebraucht hast? Der Wetterdienst rechnet in den nächsten Tagen mit deutlich kälteren Temperaturen. Soll ich den zulässigen CO2-Ausstoß für diesen Monat ausnahmsweise nach oben korrigieren? Oder verzichtest du auf die Temperaturerhöhung?“

So oder ähnlich könnte in einigen Jahren mein Dialog mit einem Sprachassistenten aussehen. Mittels Sprachbefehlen dimme ich das Licht im Haus, regele die Heizung oder lasse mir einen Termin beim Lieblings-Italiener machen. Das Gute dabei ist: so ein Sprachassistent ist nicht nur Befehlsempfänger. Er „denkt“ geradezu mit und hilft mir, Muster in meinem Verhalten zu erkennen, fragt vielleicht „Gestern war dir auch schon kalt, obwohl es draußen recht warm ist – wirst du krank?“ oder erinnert mich an meine guten Vorsätze: „Denke an deine selbstgewählte CO2-Vorgabe!“. Und macht womöglich „intelligente“ Vorschläge für Alternativen bei der Freizeitgestaltung nach dem Motto „Der Italiener ist heute geschlossen, dein Lieblings-Inder hat aber noch zwei Plätze frei. Soll ich da reservieren?“. Kurzum, ein gut funktionierender Sprachassistent könnte mir eine große Hilfe sein.

Oder eine große Gefahr? Viele werden mich jetzt daran erinnern, dass derartig clevere Geräte eine Dauerbeobachtung durchführen. Sie müssen unsere Gewohnheiten „studieren“, unser Adressverzeichnis kennen, über unsere Reisepläne Bescheid wissen und tausend Verbindungen herstellen können, die Menschen sonst im Kopf erledigen. Das stimmt. Um wirklich nützlich zu sein, braucht ein Sprachassistent möglichst viele persönliche Daten. Das macht das Ganze kompliziert.

Und genau mit diesem Problem werden wir in Zukunft nicht nur in unserem Privatleben konfrontiert, sondern auch, wenn es um wirtschaftliche Beziehungen geht. Denn über die Cloud als einem offenen Raum lassen sich in Zukunft die unterschiedlichsten Daten miteinander vernetzen. Die Bewegungsdaten meines Smartphones, der Wetterbericht, die Informationen von Restaurants, mein Kommunikationsverhalten im Internet oder meine Sehgewohnheiten auf Netflix. Damit entsteht eine ganz neue Grundlage, um Entscheidungen rationaler zu treffen und unabhängig vom Ort, Dinge steuern zu können.

Entscheidend ist: Alexa, Siri und wie auch immer sie heißen, sind mehr als nur effiziente Sprachassistenten, deren Fähigkeit, Sprache in Maschinenbefehle umzusetzen, durch neuartige Machine-Learning-Ansätze ständig verbessert wird. Das heißt, sie nutzen die neuartigen Verfahren der Selbstoptimierung von Algorithmen. Dabei wird die Software mit Massendaten aus dem Informationsraum „gefüttert“ und durchläuft im Fortlauf permanente Rückmeldungsschleifen. Algorithmen nutzen diese, um das Modell kontinuierlich anzupassen und weiterzuentwickeln. Mit jedem zusätzlichen Datensatz wird das Modell besser.

Die zentrale qualitative Weiterentwicklung ist: Wurden Spracherkennungssysteme früher von einzelnen Experten unter Laborbedingungen „trainiert“, so nutzt man heute die Spracheingaben von Millionen Internet-Usern, um die Systeme zur Selbstoptimierung anzuregen. Deshalb funktionieren diese neuartigen Machine-Learning-Ansätze so gut. Aber diese Verbindung von sich selbst optimierenden Algorithmen und Millionen Trainern im Internet ist nur die eine Seite der Spracherkennungsassistenten. Viel wichtiger ist deren Verbindung zum weltweiten Informationsraum, der auf Basis des Internets entstanden ist. Denn Spracherkennungsassistenten sind in Zukunft der Zugang zur Welt der Informationen und Daten, insbesondere im Privatbereich. Und je mehr es gelingt, auf Basis von Cloud-Lösungen Daten verfügbar und miteinander vernetzbar zu machen, desto mächtiger ist dieses Instrument.

Wenn wir also in Zukunft über neuartige IoT-Anwendungen im Privatbereich nachdenken, werden Sprachassistenzsysteme gekoppelt mit der Cloud für deren Verbreitung und Akzeptanz von großer Bedeutung sein. Das Perfide ist, dass diese Lösungen uns umso mehr nutzen werden, je mehr Daten wir sie von uns verarbeiten lassen. Im „Idealfall“ dürfen sie immer mithören und alle unsere Datenquellen nutzen. Mein Android-Smartphone sagte mir neulich aus heiterem Himmel: „Wenn du etwas gesagt hast, habe ich es nicht verstanden“. Ich hatte vergessen, Google Now abzustellen, und so hatte es auf ein Gespräch mit meiner Frau reagiert, in dem das Code-Wort „OK“ vorkam. Denn das Ding spitzt sofort die Ohren, wenn ich „OK Google“ sage.

Dieses Dilemma der neuen Transparenz im Informationsraum wird mit der zunehmenden Verbreitung von Cloud-Lösungen eine der grundlegenden Herausforderungen für uns werden – im Privatleben wie auch im geschäftlichen Miteinander.

Was ist Ihre Meinung dazu?

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Inhalte dürfen ausschließlich unter Angabe der Quelle verwendet werden:

Boes, Andreas (2017): Alexa und die Cloud. München. Online verfügbar unter https://idguzda.de/blog/alexa-und-die-cloud/ [14.03.2017].

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