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Laboratorium „Arbeit der Zukunft“ vorgestellt

Laboratorium „Arbeit der Zukunft“ als neues Konzept zur nachhaltigen Gestaltung von Wissensarbeit – Vorstellung auf der 2. WING Transferkonferenz

Die digitale Transformation hat die Arbeitswelt in Deutschland mit großer Dynamik erfasst. In diesem Zusammenhang stehen gerade auch bislang erfolgreiche Unternehmen vor der Herausforderung, diesen grundlegenden Umbruch zu bewältigen und sich regelrecht neu zu erfinden. Anders als die meisten der Vorreiterunternehmen des Silicon Valley sind sie dabei mit der besonderen Aufgabe konfrontiert, über Jahrzehnte gewachsene Unternehmensstrukturen und Sozialbeziehungen ins digitale Zeitalter zu führen. Ohne die aktive Beteiligung beider Sozialparteien und der Beschäftigten wird dies kaum erfolgreich gelingen. Doch was bedeutet Beteiligung in der digitalen Arbeitswelt und wie können konkrete Konzepte zur Gestaltung der digitalen Transformation in gewachsenen Organisationsstrukturen unter Beteiligung der Beschäftigten aussehen? Wie lassen sich hier insbesondere auch die Instrumente der verfassten Mitbestimmung mit neuen Formen direkter Beteiligung der Beschäftigten verbinden? Diese Diskussionen standen im Fokus der 2. WING Transferkonferenz am 6. April 2016 bei der IG Metall in Frankfurt am Main.

Die Robert Bosch GmbH nimmt in den Suchprozessen nach Antworten auf diese Fragen gegenwärtig bereits eine Vorreiterrolle ein. Auf der Konferenz stellten Alfred Löckle, Konzernbetriebsratsvorsitzender der Robert Bosch GmbH, und PD Dr. Andreas Boes, Vorstandsmitglied des ISF München, nun erstmals das in enger Zusammenarbeit entwickelte neue Konzept „Laboratorium Arbeit der Zukunft“ einer breiten Öffentlichkeit vor. Mit diesem Konzept werden in der konkreten Arbeitspraxis bei Bosch ergebnisoffene Experimentierräume – so genannte Laboratorien – geschaffen, in denen die Sozialparteien und die Beschäftigten zusammen mit den Wissenschaftlern des ISF München in einem explorativen Lernprozess Prinzipien zur Gestaltung der Arbeit der Zukunft erarbeiten.

Vor allem zwei Essentials des Konzepts sind dabei besonders hervorzuheben: Zum einen werden die Laboratorien am Standort Bosch Abstatt im Geschäftsbereich Chassis Systems Control, einem der Kerngeschäftsbereiche des Konzerns, eingerichtet. Die Prinzipien für die Arbeit der Zukunft entstehen somit nicht wie so häufig auf einer „grünen Wiese“, sondern werden in einem iterativen Prozess sukzessive aus den bestehenden Arbeitsweisen in gewachsenen Organisationsstrukturen entwickelt. Zum anderen wird in den Laboratorien nicht nur ein Teilmoment der gegenwärtigen Veränderungen in der Arbeitswelt isoliert bearbeitet. Strategische Leitorientierung ist vielmehr das Modell der agilen Organisation. Das bedeutet, dass in den Laboratorien fünf zentrale Dimensionen der Arbeit der Zukunft: Arbeitsorganisation und Innovation, Arbeitsplatz der Zukunft, Führung, Berufliche Entwicklung und Karrieren sowie Sozialbeziehungen und Kultur gleichzeitig bearbeitet werden und eine ganzheitliche Gestaltung dieser miteinander vernetzten Felder angestrebt wird.

In der konkreten Umsetzung umfasst das Laboratorium drei Handlungsebenen:
• Die Ebene der Arbeitspraxis
• Die Ebene des Lenkungskreises
• Die Ebene der wissenschaftlichen Evaluation

Im Zentrum des Konzepts steht die Handlungsebene „Arbeitspraxis“. Über die kommenden acht Monate wird die Arbeitspraxis von zwei Vorreiterteams am Standort Abstatt aus den Bereichen Entwicklung und Sales intensiv begleitet werden. Beide Teams haben neue Formen agiler Arbeitsorganisation eingeführt. Die Teams sind dabei sowohl für die Arbeitsplanung als auch das Monitoring sowie die Evaluation ihrer Arbeitsprozesse in den 8-wöchigen „Sprints“ zuständig. Die Erfahrungen mit der neuen Arbeitsweise werden von den Teams in einer Retrospektive am Ende der Sprints gemeinsam mit den Wissenschaftlern des ISF entlang der unterschiedlichen Dimensionen ausgewertet. Den Ausgangspunkt für die Entwicklung von Gestaltungsprinzipien bilden somit die realen Veränderungsprozesse in der Arbeitspraxis. Die Beschäftigten selbst identifizieren Handlungsfelder und wirken an der Entwicklung von Gestaltungsmaßnahmen mit. Dadurch können die Beschäftigten in einem iterativen Prozess an der Erarbeitung geeigneter Konzepte für eine nachhaltige Gestaltung der digitalen Arbeitswelt unter Wirklichkeitsbedingungen aktiv beteiligt werden.

Dieser Prozess auf der Ebene der Arbeitspraxis wird gleichzeitig von einem „Lenkungskreis“ begleitet. Auf dieser Handlungsebene kommen Vertreter der Geschäftsführung, des Betriebsrats, der Personalabteilung und den Leitern der Bereiche, in denen die Pilotprojekte angesiedelt sind, zusammen. Im Lenkungskreis werden die Erfahrungen der Vorreiterteams gemeinsam bewertet. Ziel ist es, ausgehend von den Lernerfahrungen der Vorreiterteams Leitlinien für die Gestaltung der Arbeit der Zukunft zu entwickeln, die auf weitere Unternehmensbereiche angewendet werden können.

Auf einer dritten Ebene wird der angestoßene Experimentier-, Aushandlungs- und Gestaltungsprozess wissenschaftlich begleitet und evaluiert. Konkret werden dazu Tiefeninterviews mit Beschäftigten und Führungskräften durchgeführt, ausgewertet und die Ergebnisse in den Prozess zurückgespiegelt.

Das Vorgehen im "Laboratorium Arbeit der Zukunft"

Das Vorgehen im “Laboratorium Arbeit der Zukunft”

Das Konzept „Laboratorium Arbeit der Zukunft“ liefert somit eine Antwort auf die Frage, wie die Entwicklung nachhaltiger Gestaltungsprinzipien zur Bewältigung der digitalen Transformation unter Beteiligung der Beschäftigten gelingen kann. An vier Dimensionen werden die Stärken des Ansatzes deutlich:
• Erstens bilden die realen Veränderungsprozesse in zentralen Bereichen mit gewachsenen Organisationstrukturen hochqualifizierter Wissensarbeit bei Bosch den Ausgangspunkt.
• Zweitens handelt es sich um einen explorativen und ergebnisoffenen Ansatz, da es die Beschäftigten selbst sind, die schrittweise identifizieren, welche Herausforderungen sich konkret für sie in der digitalen Arbeitswelt stellen und welche Fragen es zu bearbeiten gilt.
• Drittens werden die Gestaltungsmaßnahmen nicht „von oben“ aufoktroyiert, sondern mit den Beschäftigten entwickelt, implementiert und reflexiv weiterentwickelt. Beteiligung heißt bei diesem Ansatz zum einen, dass die Expertise von Mitarbeitern, Betriebsräten und Führungskräften gleichermaßen gefragt ist. Und zum anderen bedeutet dies vor allem, dass Beschäftigte konsequent und permanent in kurzzyklischen Intervallen – und nicht nur durch punktuelle Befragungen – in die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen einbezogen werden.
• Viertens begeben sich beide Sozialparteien in einen gemeinsamen Lernprozess und arbeiten zusammen Leitlinien für die nachhaltige Gestaltung der „Arbeit der Zukunft“ im Unternehmen aus.

Alfred Löckle und Andreas Boes bekräftigten, dass es sich beim „Laboratorium Arbeit der Zukunft“ um ein Konzept mit Vorbildcharakter handelt, das vor dem Hintergrund der Herausforderung der Gestaltung der digitalen Transformation in einer reifen Volkswirtschaft wie der deutschen mit bislang hoch produktiven und erfolgreichen industriellen Kernen sowie einem dichten Netz an kleinen und mittelständischen Unternehmen weit über Bosch hinaus Wirkung entfalten könnte.

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Inhalte dürfen ausschließlich unter Angabe der Quelle verwendet werden:

IdGuZdA Autorenkollektiv (2016). Laboratorium „Arbeit der Zukunft“ vorgestellt. Online verfügbar unter https://idguzda.de/veranstaltungsberichte/laboratorium-arbeit-der-zukunft-vorgestellt/. [11.04.2016].

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